Ratgeber

Das Nosingglas
für Master Destiller, Enthusiasten und nicht nur für Genießer von Whiskys

Vom Hafen zur Brennerei: Die Geschichte des Nosing-Glases

Obwohl das Nosingglas in Spanien aus den traditionellen Probiergefäßen für Sherry entstanden ist, wurde es seit dem 18. Jahrhundert auch in England von Kaufleuten, die täglich am Hafen an den Schiffsdocks Spirituosen und Wein verkosteten, eingesetzt. Daher sind diese tulpenförmigen Gläser auch als „Dock-Glas“ oder „Copita-Style Glas“ bekannt.
Ihre besondere Form erlaubt es, die feinen Aromen der Spirituose mit der Nase zu erschnüffeln.

Auch noch heute bedienen sich nicht nur in Schottland die Master-Blender und Brennmeister in Brennereien, die überwiegend mit der Nase statt dem Gaumen arbeiten, der Nosing-Gläser. Nur so können sie anhand der Vielfältigkeit der Aromen entscheiden, ob die Fasslagerung der Spirituose, beispielsweise Whisky, ausreichend war oder nicht. Aufgrund der Tulpenform, hier speziell des Bauches des Glases und seiner Verjüngung nach oben, können sich die Aromen der Spirituose wesentlich besser entfalten, sammeln sich im Bauch des Glases und strömen konzentriert zur Nase hin. Dieser Tatsache und dem englischen Wort für Nase „Nose“ verdankt das Glas seinen Namen „Nosing-Glas“.

Welche Arten Nosing-Gläser es gibt, welche Eigenschaften sie haben, welche Designs es gibt und welche Spirituosen man aus ihnen genießen kann, darüber wird nachfolgend berichtet.

Nosinggläser – Varianten, Glasform und Eigenschaften

Nosing-Gläser haben die Form einer Tulpe und sind der Sherrytulpe sehr ähnlich. Sie sind jedoch etwas bauchiger, wodurch sich die Aromen der Spirituose optimal entfalten können. Ganz gleich, um welche Nosing-Glas-Variante es sich handelt, sie alle verjüngen sich nach oben, was dazu führt, dass das Aromapotpourri in der Mitte des Glases fokussiert und der Nase zugeführt wird.

Desweiteren verfügen Nosing-Gläser über einen nach außen gewölbten, sogenannten Trinkrand. Das hat den Vorteil, dass die Spirituose über diese Trinklippe breit in den Mund und auf die Zunge fließt, was dazu führt, dass sich die Aromennuancen breiter verteilen können. Derartige Gläser sind bevorzugt bei Spirituosen-Verkostungen, vor allem von Whisky, anzutreffen.

Bei den Nosing-Gläsern wird zwischen Gläsern mit langem und kurzem Stiel, Gläsern mit Deckel und dem Glencairn Gas unterschieden. Doch was macht nun die einzelnen Modelle aus?

Das Nosing Glas mit Stiel

Die mit einem langen Stiel versehenen Nosing-Gläser wirken mit einer Gesamthöhe von circa 20 Zentimetern und einem Volumen von 200 bis 280 Millilitern sowie ihrer recht bauchigen Tulpenform sehr elegant und werden bevorzugt bei Tastings eingesetzt. Dies erklärt, dass sie auch als Tasting-Gläser bezeichnet werden. Der weite Bauch sorgt dafür, dass die Spirituose genügend Raum und Luft erhält, um sich in ihrer ganzen Fülle langsam zu entfalten. Dass die Aromen nicht so schnell verfliegen, dafür zeichnet die sich nach oben hin verjüngende Öffnung des Glases verantwortlich. Nosig-Gläser erlauben durch leichtes Schwenken die volle Freisetzung des Aromenprofils der Spirituose. Aber Vorsicht, beim Schwenken entweicht auch mehr Alkohol, der feine Facetten überdecken könnte.

Da diese Gläser meist aus dünnem, farblosem Glas hergestellt wurden und eine hohe Brillanz, aber keinen Schliff aufweisen, ist zum einen die Farbe und zum anderen beim Schwenken des Glases die Viskosität des eingeschenkten Getränkes gut zu erkennen und kann somit besser beurteilt werden. Dank ihres langen Stiels wird verhindert, dass sich durch die Körperwärme der Finger und Hand die Temperatur der Spirituose in dem dünnwandigen Glas erhöht. Wenn jedoch beispielsweise der Whisky ein wenig wärmer sein kann, dann kann ein Nosingglas mit kurzem Stiel, das eine Gesamthöhe von circa zwölfeinhalb Zentimetern sowie ein Volumen von um die 190 Milliliter aufweist und mit der Hand umschlossen werden kann, verwendet werden.

Die mit einem Stiel versehenen Nosing-Gläser sind in renommierten Destillen und Bars für Whisky-Tastings die erste Wahl. Aber auch zuhause sorgt ein derartiges Glas für ein optimales Genusserlebnis.

Nosing-Gläser mit Deckel

Mit einem Tasting-Glas mit einem kleinen Deckel entdeckt man den Whisky oder andere hochprozentige Spirituosen noch einmal anders oder neu. Der Deckel sorgt für eine Konzentration der Aromen im Glas und verhindert, dass sie entweichen. Nach dem Öffnen des Deckels kommen dann auch die Nuancen zum Vorschein, die man vorher nicht wahrgenommen beziehungsweise nicht gerochen hat.

Das Glencairn Glas

Bei dem Glencairn handelt es sich um ein Tasting-Glas mit Tradition, das speziell für Whisky entworfen wurde. Das Glencairn wurde im Jahre 2001 von Paul und Scott Davidson, den Söhnen von Raymond Davidson, der bereits 20 Jahre vorher dieses Glas erfand, auf den Markt gebracht. Sie führten dieses Glas Whiskyexperten vor, was letztendlich dazu führte, dass das Glencairn viele Ehrungen und Preise erhielt, so auch im Jahre 2006 den „Queen’s Award for innovation“. Dieses Glas ist als „The Glencairn Glass“ bekannt, und zwar weltweit.

Das Glencairn Glas unterscheidet sich gegenüber den anderen Nosig-Gläsern in der Form. Zwar weist es wie auch die anderen Varianten die raffinierte Tulpenform auf, aber über einen Stiel verfügt das Glencairn nicht. Sein Boden ist eisbodenähnlich wie beim Tumbler. Allerdings ist das Glencairn ein wenig bauchiger und wirkt daher fast schon wie eine Birne. Die Aromen sammeln sich in dem bauchigen Teil, ohne dass sie schnell entweichen können. Nach oben hin verjüngt sich das Glas eher zylindrisch, was dazu führt, dass die Aromen gebündelt das Glas verlassen. Auch die Trinklippe ist nicht so ausgeprägt, wie es bei den anderen Nosig-Gläsern der Fall ist.

Da ein Glencairn Glas über eine dickwandigere Glasstruktur und einen tiefen Schwerpunkt verfügt, ist diese Variante wesentlich stabiler und kippsicherer als die anderen Tasting-Gläser. Außerdem wärmt die Hand das Glas, sodass die Spirituose die perfekte Trinktemperatur leichter erreicht. Glencairn Gläser sind auch mit Deckel erhältlich. In der Regel hat ein Glencairn ein Volumen von circa 175 Millilitern und ist so ausgelegt, dass 50 Milliliter der gewünschten Spirituose problemlos geschwenkt oder einige Tropfen Wasser hinzugegeben werden können. Für Drinks „On the rocks“ ist das Glencairn jedoch nicht geeignet.

Nosinggläser – Spirituosen, die man aus ihnen genießen kann

Aus Nosing-Gläsern wird zwar überwiegend Whisky, meist Single-Malt-Whisky, verkostet und getrunken, aber sie werden auch gern benutzt, wenn man einen CognacRumBrandyTequilaArmagnacCalvados oder Grappa genießen möchte.

Whisky

Grundsätzlich sollte man wissen, dass man Whisky über den Gaumen und über die Nase genießt. Daher bietet sich für einen hochwertigen Whisky ein Glas an, das unten bauchig ist und sich nach oben hin leicht verjüngt, also ein Nosing Glas. Wenn man sich einen hochwertigen, feinen Single-Malt-Whisky zu Gemüte führen möchte, dann ist das elegante Tasting-Glas mit Stiel optimal und unumgänglich. Das Getränk wird nicht durch die Hand erwärmt. Aber auch bei der Verkostung von Whiskys bei Zimmertemperatur ist diese Glas-Variante perfekt. Das Glencairn Glas ist ideal, wenn es um das Einfangen der Aromen geht. Es liegt nicht nur gut in der Hand, es wird auch ein wenig Handwärme auf die im Glas befindliche Spirituose übertragen. Amerikanische Whiskys sind jedoch im Tumbler besser aufgehoben.

Cognac

Das tulpenförmige Glas wird auch von feinsinnigen Liebhabern des Cognacs vorgezogen, da dieses Glas die perfekte Form hat, um den Cognac nicht nur via Nosing in all seine Elemente zu zerlegen, man kann auch all seine Facetten und Feinheiten erkennen. Durch das Zusammenspiel von Geruchs- und Geschmackssinn wird der Geschmack intensiver wahrgenommen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Glasform mit oder ohne Stiel beziehungsweise um ein Glencairn Glas handelt. Ein Tasting-Glas ist eine wunderbare Alternative zum klassischen Cognacschwenker.

Rum

Wie bei den anderen Spirituosen, wird auch beim Rum versucht, alle Aromen herauszukitzeln und so auch die letzte Nuance zu entdecken. Dabei spielt die Form und Beschaffenheit des Glases eine nicht unbeträchtliche Rolle, denn Geruch, Geschmack und die Optik werden auch von dem Glas beeinflusst. Das verjüngte Glas bündelt die Aromen und führt diese in Richtung Nase. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch ein guter, allerdings brauner Rum, in den Nosing-Gläsern Platz nehmen darf. Brauner, dunkler Rum wird im Gegensatz zu weißem Rum, der meist zur Herstellung von Cocktails verwendet wird, sehr oft pur genossen. Sollte weißer Rum einmal pur getrunken werden, ist das Tasting-Glas mit Stiel das richtige.

Brandy, Tequila, Armagnac, Calvados oder Grappa

Werden Brandy, Tequila, Armagnac, Calvados oder Grappa in einem Tasting-Glas gereicht, entfalten auch diese Edelspirituosen ihre komplexe Struktur und erhalten ein optimales Aroma. Besonders bei professionellen Tastings kommen die Nosing-Gläser in Tulpenform zur Anwendung. Auch bei diesen Edelspirituosen wird die Nase mit konzentrierten Aromen verwöhnt und der Geschmack wird intensiver wahrgenommen. Nicht zu vergessen ist die optische Begutachtung des Getränkes. Also die hier genannten Spirituosen werden aus denselben Gründen in einem Tasting-Glas kredenzt, wie es auch beim Whisky der Fall ist.

Nosinggläser – Wie werden sie benutzt?

Grundsätzlich kann man beim Genießen einer edlen Spirituose aus einem derartigen Glas nicht viel falsch machen. Bei dem Einschenken in den Bauch des Glases ist darauf zu achten, dass noch genügend Platz vorhanden ist, um den edlen Tropfen noch schwenken zu können. Denn dies ist erforderlich, um die volle Aromenentfaltung zu gewährleisten. Die Aromen werden gebündelt und verlassen das Glas konzentriert über die Öffnung, sodass diese in die Nase transportiert werden. Dadurch riecht man die jeweilige Spirituose wesentlich intensiver und ihre Zutaten und Bestandteile können so ergründet werden.

Die Farbe und die Viskosität beziehungsweise das Fließverhalten des hochprozentigen Getränkes kann ebenfalls nach dem Schwenken des Glases begutachtet werden. Anhand der sich am Rand des Glases bildenden Schlieren, wie diese zurückrinnen und langsam über die Glaswand ziehen, lässt sich die Qualität des Getränkes erkennen.

Da die Trinklippe bei dem einen oder anderen Glas unterschiedlich sein kann, kommen die Aromen gebündelter oder breiter gestreut heraus. Das hat zur Folge, dass der Alkohol vorn oder breit auf der Zunge die dort befindlichen Geschmacksknospen zuerst anregt. Der eigentliche Geschmack und auch der Abgang bringt dann das volle Geschmackserlebnis.

Kurzes Fazit

Nosing-Gläser, auch als Tasting Gläser bekannt, werden als Gläser mit langem und kurzem Stiel, mit Deckel und als Glencairn Glas im Handel angeboten. Sie sind die optimalen Gläser, wenn es um die Verkostung purer, hochprozentiger Spirituosen, wie Whisky, Brandy, Cognac, Rum etc. geht. Aufgrund ihrer Glasform, die einer Tulpe sehr ähnlich ist, werden die Aromen im Bauch des Glases voll entfaltet und gebündelt. Über den nach oben hin sich verjüngenden Teil werden die feinen Nuancen in konzentrierter Form als Bouquet der Nase zugeführt. Auch der Geschmack wird intensiver wahrgenommen. Nosinggläser sind echte Allrounder, die für Genießer edler Spirituosen unentbehrlich sind.