Ratgeber
Tulpenglas
die elegante Glasform
Tulpenförmige Gläser: Ästhetik und Genuss vereint
Das apart geformte Glas kommt durch das helle bis goldene Edelgetränk besonders zur Geltung. Die Form verdankt es den Tulpen, die einst als Schlichtrose gehandelt wurden. Die Konik des leicht geschwungenen Glases hält die Schaumkrone an der schmalen Mündung aufrecht. Der Glasstiel und die Rundung der Scheibe betonen die filigrane Form des Trinkglases. Das geschwungene Glas bewahrt den Geschmack des Getränks, Genießer wissen dies hoch zu schätzen. Das Gold des Getränks hebt die Gravur auf der gebogenen Gestaltung gekonnt hervor. Mit der Pflege des Glases hebt sich die Gravur sogar noch mehr ab und erhält ihren markanten Schatten, der Feinzug bekommt seinen Silberglanz. Dieser wirkt sich auf jedem Glas individuell aus. Jedes Glas wirkt einzigartig.
Das Tulpenglas ist entstanden
Trinkbecher waren einst aus Metall oder Holz angefertigt, aus Ton bestanden die Humpen, eine Vorform der Tasse. Die Humpen waren gerade geformt, später erhielten sie einen Henkel, manche auch auf beiden Seiten einen. Humpen waren für eineinhalb Liter und mehr gedacht. Die Trinkbecher hingegen besaßen einen Standfuß, damit war das Maß entstanden.
In den vergangenen Jahrhunderten waren Gäste, die in eine Wirtsstube einkehrten, bestrebt, sich ihr Gebräu für den gesamten Tag ausschenken zu lassen und dazu diente der Humpen. Im Gegensatz zum Humpen erfassten die Trinkbecher nur einen halben Liter. Den Trinkbecher erhielten Gäste, die ihr Getränk stets frisch serviert haben wollten. Der Trinkbecher konnte mit nur einer Hand zum Mund geführt, denn mehr als eine heute gebräuchliche Tasse konnte er für gewöhnlich nicht fassen. Wie auch die anderen Gefäßformen besaß der Trinkbecher ein Maßkennzeichen, ein Querstrich auf der Außenseite. Das Gefäß musste bis zu dieser Kennzeichnung befüllt werden. Der Trinkbecher war anfangs symmetrisch geformt, die Gefäßform wiederholte sich im Fuß.
Diese Gestaltung führte zu einem leichten Kippwinkel des Trinkbechers, so dass dieser eine Verbesserung erhielt, einen nach unten ausbreitenden Fuß. Die filigrane Gefäßform des Trinkbechers wurde in den oberen Ständen der Gesellschaft überaus beliebt. Der Beruf des Mundschenks entstand, er goss den Herrschaften in den Anwesen und Burgen den Trinkbecher immer wieder voll. Mit dem edlen Trinkbecher zogen auch die Festmahle in die höhere Gesellschaft ein. Der Begriff Glastulpe blieb vorerst noch unbekannt.
Von Kermik zu Glas
Der Trinkbecher war hauptsächlich bei Weintrinkern in Benutz, der Humpen bei Biertrinkern. Der leichte und daher praktische Trinkbecher fand auch bei Bierbrauern mehr und mehr Befürworter. Weintrinker bevorzugten Trinkbecher aus Keramik. Dazu wurde halbfeste Keramik in eine spezielle Keramikform gegossen und gebrannt. Die Keramikform bestand aus Komponenten, die höhere Temperaturen vertrug als die Keramik des Trinkgefäßes. Kunsthandwerker des Ausläufers des Westerwaldes übernahmen die Form in ihren Glasbläsereien. Glasfabrikanten veredelten das Trinkgefäß, in den verschiedenen Gegenden entstanden unterschiedliche Formen jenes Trinkglases. Aus einem einfachen Glas, mit oder ohne Henkel, entstand schließlich das Trinkgefäß mit einem zunächst noch kurzen Ständer und einem sich nach unten ausweitenden Fuß. Der Ständer wurde immer schlanker und länger, der Fuß eine Scheibe.
Ein Gefäß aus Glas war schneller hergestellt als eines aus Keramik. Obwohl beide Materialien zerbrechlich waren, so übertrugen sie doch nicht den Geschmack des zuvor eingeschenkten Getränks. Die Humpen aus Holz zogen die Aromastoffe der Flüssigkeiten ein, die Gefäße aus Metall regierten mit deren Natursäuren. Das in großen Mengen schnell hergestellte Glas wurde bei Bier- und Weinliebhabern zunehmend beliebter. Bei Gästen in Wirtshäusern war das formschöne Gefäß auch wegen seiner Transparenz beliebt, die Maßkennzeichnung war mit der Höhe des Einschenks genauestens zu vergleichen. Dem Gast war damit Sicherheit gegeben, exakt die Menge erhalten zu haben, die er bestellt hatte.
Von geschickten Kunsthandwerkern war wie bereits erwähnt ein Glas schnell hergestellt, aber diese Blaskunst musste Stück für Stück mühsam erlernt werden, es entstand ein Fachberuf. Im Laufe der Zeit erhielt das Glasgefäß von besagten Fachleuten eine konische Silhouette. Die Kunsthandwerker ließen die Luftzufuhr bei der Glasverarbeitung langsam ausklingenden. Das ließ die Glasform an der Mündung schmaler werden. Währenddessen arbeiteten andere Glasbläser an Fuß und Stand. Der schmale Fuß musste sogleich an das Trinkgefäß angebracht werden, gefolgt von der Scheibe. Alle drei Teile mussten in absoluter Präzision verarbeitet und miteinander verbunden werden.
Die Einfüllmarkierung und in späteren Zeiten auch die Verschönerungen wurden von Glasmalern vorgemalt. Das jeweilige Motiv wurde auf durchsichtige oder weiße Zellstoffe übertragen, befeuchtet und auf das Glas gelegt und erhitzt, bis nur das Bildnis ohne Zellstoffrand übrig blieb. Nach diesem Verfahren wurde auch die Maßkennzeichnung am oberen Glasrand angebracht.
Die Edelblüte als Vorbild
Die konische Form des Tulpenglases wurde insbesondere bei Biertrinkern sehr beliebt, denn sie bewirkte, dass die Schaumkrone erhalten blieb und nicht dem Glas entlang herabfloss. Im 18. Jahrhundert als die Tulpe nach Deutschland einkehrte, bekam das Gefäß den Namen Tulpe. Das Tulpenglas war kreiert worden, denn es gab den Umriss der Tulpenblüte wieder. In Gaststätten war das Trinkglas besonders begehrt, da Wirte den Namen und gegebenenfalls auch das Emblem Ihres Hauses darauf anbringen ließen.
Die ersten Formen des Trinkglases mit Fuß haben sich unter Liebhabern von Edelgetränken ausgeweitet. Das Material war geschmacksneutral und das Getränk reichte, wegen der Transparenz deutlich zu erkennen, zweifelsfrei bis zur Markierung. Die Schaumkrone verlief kaum und bildete sich zu Bier, so dass der Gast ganz und gar auf seinen Genuss kam. Genossen wurde das Bier im Glas und die sich zu selbigem zersetzende Schaumkrone.
Die Pilstulpe ist in ihrer Form sichtlich ausgeprägt, sie verjüngt sich nach oben bedeutend mehr als das klassische Tulpenglas. Die Schaumkrone von Pils zersetzt sich rasch, aber in der Glasform mit einer schmalen Mündung bleibt sie länger erhalten.
Die Eleganz der Pilstulpe stand Pate für weitere Glastypen, in denen Goldgebräu ausgeschenkt wird. Da Weizen eine ausgeprägte Schaumkrone besitzt, bedarf es eines Glases mit einer Mündung, der dieser Festigung verleiht. Der Geschmack des Weißbiers kann sich am besten in einem hohen Glas entfalten. Eine ausladende Mündung und ein breiter Glaskörper sind für Hefeweizen geeignet. Ein Helles wird meist in einfache Glasformen ausgeschenkt.