RSS
 

Köche im Interview – Jean-Philipp Schneider

22 Mrz

Jean-Philipp SchneiderWir möchten Euch von nun an in unregelmäßiger Reihenfolge Interviews mit jungen und junggebliebenen Köchen präsentieren.

Den Anfang macht der im Jahre 1980 in Wertheim geborene Koch Jean-Philipp Schneider.

Jean-Philipp Schneider, in dem die Leidenschaft für die Gastronomie und Hotellerie bereits in den Kindheitstagen entfacht wurde, wuchs im unterfränkischen Miltenberg am Main auf, wo er bereits früh erste Erfahrungen in der Küche des elterlichen Betriebes Jagd Hotel Rose sammelte. Nach dem Abitur und Zivildienst stieg er dann in die Top-Gastronomie ein und schloss seine Ausbildung zum Koch im Restaurant „Zum alten Rentamt“ bei Küchenchef Ingo Holland (18 Punkte Gault Millau, 1 Stern Michelin), mit Auszeichnung ab. Der Ausbildung folgten Tätigkeiten als Chef de partie Entremetier im Restaurant Lampart’s (Schweiz), unter Küchenchef Reto Lampart (17 Punkte Gault Millau, 2 Sterne Michelin) sowie als Chef Saucier und Chef Tournant im Landhaus Feckl bei Küchenchef Franz Feckl (17 Punkte Gault Millau, 1 Stern Michelin). Daraufhin arbeitete er als Demi Chef de Partie Entremetier und Saucier, sowie als Chef de Partie Saucier im berühmten „Restaurant Dieter Müller“ unter Küchenchef Nils Henkel (19 Punkte Gault Millau, 3 Sterne Michelin). 2009 wurde Jean-Philipp Schneider dann vom spanischen Außenhandelsinstitut ICEX (in Zusammenarbeit mit CECO) für ein Stipendium für junge Profis aus der Gastronomie ausgewählt. Dieses Stipendium, das Mitte August 2009 begann, umfasst einen vierwöchigen Intensivsprachkurs, eine dreiwöchige Rundreise durch ganz Spanien mit Hauptfokus auf Gastronomie und Esskultur. Daran schloss sich ein zwölfmonatiger Praktikumsteil in drei Toprestaurants Spaniens an. Mittlerweile ist Jean-Philipp in den elterlichen Betrieb eingestiegen und führt dort das Gourmet-Restaurant „Restaurant 1622“, sowie das Bistro „Kristinas Esszimmer“

Drinkology.de sprach mit Jean-Philipp Schneider über bereits erlebtes und seine Zeit in Spanien

–          Jean-Philipp, wir haben bereits gehört, dass du sehr früh gastronomische Erfahrungen im elterlichen Betrieb gesammelt hast. Was genau hat dich an der Gastronomie so begeistert, dass du eine Laufbahn als Koch eingeschlagen hast?

Angefangen hat alles in einem großen Topf! Ich durfte als kleines Kind oft in einem großen,  mit Wolldecke und Kissen ausgelegtem Schmortopf auf dem Küchenpass meines Vaters sitzen und den Köchen bei der Arbeit zuschauen während ich die Obsthäppchen vom Topfrand vernaschte. Später, als Jugendlicher, habe ich viel aktiv im elterlichen Betrieb mitgeholfen, sei es in der Küche, bei Caterings oder beim Punschverkauf auf dem Weihnachtsmarkt. Aber die Emotionen beim Kochen und die Leidenschaft für das Kochen habe ich erst in der Lehre bei Ingo Holland entdeckt und entwickelt. Für diese große Schule bin ich heute noch sehr dankbar. Mein erstes großes kulinarisches Erlebnis an welches ich mich heute noch gut erinnern kann, war ein 4 kg großer Wildfang-Steinbutt im Ganzen gegart und ein Himbeer-Mille-feuille mit Champagnereis. Eine völlig neue Dimension eröffnete sich mir auch bei einem geselligen Abendessen mit Freunden, bei dem es zum Hauptgang einen Chateau Cheval Blanc gab. Dieser Abend war einzigartig. So wurde ich zum Produktfanatiker…

Die Dienstleistung hat mir auch schon immer gefallen. Ich liebe es, andere Menschen mit guter Esskultur glücklich zu machen.

Hier muss ich Escoffier zitieren: „Eine gute Küche ist das Fundament allen Glücks!“

–          Welchen Weg zum Ziel würdest du jungen Leuten empfehlen, die Koch werden möchten?

Viele Wege führen nach Rom und der Weg ist das Ziel. Jedoch würde ich eine Ausbildung in einem guten Restaurant oder Hotel empfehlen, in dem selber Saucen angesetzt, ganze Fische verarbeitet und Schmorgerichte hergestellt werden und vielleicht sogar Brot selber gebacken wird. Wichtig ist eine solide Basis und Grundkenntnis der “klassischen Küche“, bevor man sich mit Kochtechniken der Avantgarde, Trends oder anderen Spezialgebieten auseinandersetzt. Ich habe während meines letzten Schuljahres und meiner Zivildienstzeit mehrere Praktikas in unterschiedlich strukturierten Küchen gemacht, um mich genau zu informieren und den passenden ersten Schritt zu machen.

–          Was ist wichtig für dich bei der Beurteilung eines Gerichtes?

Für mich steht an erster Stelle immer der Geschmack und das Erlebnis im Mund (Zusammenspiel aus Aromen, Würze,  Texturen, Temperaturen). An zweiter Stelle steht die handwerkliche Präzision und Komplexität eines Gerichts (Anzahl der Komponenten, Anwendung und Ausführung der Kochtechniken). An dritter Stelle steht die Präsentation und Anrichteweise eines Gerichts. Ein Gericht, das visuell ein absolutes Highlight und handwerklich sehr Komplex (viele Komponenten, Texturen, Techniken) ist, aber geschmacklich nicht überzeugt, macht für mich absolut keinen Sinn und keinen Spaß beim Essen.

          Während deiner Zeit in Spanien folgte nach dem vierwöchigen Sprachkurs eine dreiwöchige kulinarische Rundreise durch ganz Spanien. Was hast du hier alles erlebt?

Madrid, Valencia, Alicante, Barcelona, Girona, San Sebastian, Haro und Jerez de la Frontera waren nur einige der Städte, die wir besuchen durften. Wir besuchten Märkte, Fischauktionen, Hotelfachschulen, Weingüter und viele der spanischen Spitzenrestaurants. Natürlich besuchten wir auch Museen, Flamencoabende und Stadtzentren, um einen Einblick in Kultur und das tägliche Leben der einzelnen Regionen und Großstädte zu bekommen. Fast jeden Tag stand ein großes Degustationsmenü auf dem Programm. Unter anderem wurden wir in den Restaurants Akkelare, Mugaritz, Etxebarri, El Celler de Can Roca, Calima, El Bohio, und El Poblet mit tollen Menüs und passenden Weinen verwöhnt. Selbstverständlich standen auch regionale Traditionsküche, spanische Klassiker und Tapasbars auf dem Programm, um alle Facetten der spanischen Gastronomie etwas näher kennenzulernen.

–          Während deines zwölfmonatigen Praktikumsteils hattest du auch die Möglichkeit aktiv in drei Toprestaurants mitzuwirken. Magst du unseren Lesern die verschiedenen Restaurants und deren Küchenchefs kurz vorstellen?

Meine erste Station machte ich im Restaurant Las Rejas von Manolo de la Osa im kleinen Örtchen von Las Pedroneras im Herzen von Castilla La Mancha. Das mit einem Michelin-Stern dekorierte Restaurant ist außerhalb Spaniens in der Fachwelt relativ unbekannt, jedoch gehört de la Osa in Spanien zu den Spitzenköchen. Er hat die bodenständige und klassische Küche seiner Heimat neu interpretiert und zu Sterneniveau verholfen. Er ist berühmt für seine Schmor- und Wildgerichte. Selbst Ferran Adrià erwähnte auf der Madrid Fusion 2010 bei einem Besuch in seiner Küche viel von Manuel de la Osa über das Zubereiten von Wild gelernt zu haben.

Von Anfang Januar bis Ende März 2010 durfte ich dann das Baskenland und die gastronomische Hochburg San Sebastian kennenlernen. Im Restaurant von Martin Berasategui in Lasarte bekam ich sehr viele Einblicke in die mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Küche. Als ich mich ihm vorstellte, hatte er mich sofort damit beauftragt eines meiner  deutschen Lieblingsgerichte für ihn und seine Chefköche zu kochen. So gab es glasierte Kalbshaxe, Wirsing, Karottenstampf und Serviettenknödel. Dem nicht genug, nun sollte ich für ihn auch noch Sauerkraut zubereiten. Also bestellten wir einen Sauerkrauttopf, 5kg Weisskohl und starteten die Fermentation. Leider war ich bei dem Resultat nicht mehr vor Ort, jedoch habe ich vor meiner Weiterreise rohes Sauerkraut per Post einfliegen lassen und für Martin Berasategui Sauerkraut mit Schweinshaxe zubereitet. Die Küche für das Restaurant mit 50 Sitzplätzen und einem Bankettraum für Hochzeiten und Events ist wirklich gigantisch groß. Es arbeiten rund 60 Personen, darunter zahlreiche Praktikanten aus der ganzen Welt in der Küche. Es gibt sehr viel zu lernen und zu sehen.

Die letzte Station absolvierte ich im Restaurant El Celler de Can Roca in Girona, Katalonien, welches von den drei Brüdern Joan, Josep und Jordi Roca geführt wird. Hier arbeitete ich viel in der Patisserie, welche unter der Leitung von Jordi Roca steht. Joan, der älteste der Brüder, zeichnet für die Küchenleistung verantwortlich und sein Bruder Josep für Service und Weinkeller. Für mich ist das Restaurant ein wahrer Familienbetrieb wie aus dem Bilderbuch. Die Zeit hier machte unheimlich viel Spaß.

–          Kannst du unseren Lesern ein Rezept für den hoffentlich bald kommenden Frühling empfehlen?

Ja, was total einfaches aber wirklich extreme Gutes, wenn die Zutaten stimmen! pan con tomate oder auf katalanisch  pa amb tomaca.

Man nehme ein gutes Weißbrot oder Baguette, reife und aromatische Tomaten, Knoblauch, Salz und Olivenöl.

Am besten schmeckt das “Tomatenbrot“, wenn das Weißbrot auf dem Grill geröstet oder getoastet wird, dann mit etwas frischem Knoblauch eingerieben wird. Die Tomate halbieren und auf das Brot reiben. Zu guter letzt  mit Olivenöl beträufeln und mit Salz, am besten Fleur de Sel, würzen.

Mit qualitativ hochwertigen Grundprodukten lässt sich so ein toller Snack für den Frühling/Sommer ganz einfach zubereiten. Alleine, oder zu Vorspeisen ein wahrer Klassiker hier in Katalonien.

–          Was war das prägendste Erlebnis in deiner Laufbahn?

Jede Station hat mich sehr geprägt, sowohl menschlich als auch beruflich. Nun prägen ja sowohl positive als auch negative Erlebnisse, aber es gibt zwei Menschen die meine Einstellung zum Beruf sehr geprägt haben. Ingo Holland und Franz Feckl sind für mich wirklich zwei ganz große Köche. Den für mich ist ein großartiger Koch auch immer ein großartiger Mensch. Sie verstehen es Mitarbeiter zu fordern aber auch zu fördern und Ihnen die nötige Anerkennung zu widmen, denn ein Chef ist nur so stark wie sein Team. An dieser Stelle muss ich Patrick Bittner zitieren: „Wer nur was vom Kochen versteht, versteht auch davon nichts!“

–          Du hast schon in der Schweiz, Deutschland und Spanien gearbeitet. Welche Unterschiede im Genussverhalten der Länder konntest du feststellen?

Natürlich gibt es viele Unterschiede in Bezug auf Esskultur, Konsum und Produktangebot.  Gerade diese kulturelle Vielfalt und regionalen Unterschiede machen mir unheimlich viel Spaß. So genieße ich es in den Schweizer Alpen eine Käsefondue oder Rösti, in San Sebastian Pintxos, in Madrid krosse Schweinsöhrchen, in Andalusien Sardinen vom Grill oder in Deutschland Schlachtplatte oder Sauerbraten zu essen.

Ich muss sagen, es macht mir persönlich den Anschein, dass in Spanien und der Schweiz gutes Essen generell einen hören Stellenwert hat als in Deutschland und das hier  mehr kulinarisch genossen wird als bei uns.

–          Vielen Dank für deine Zeit!

Gern geschehen. Vielen Dank für das Interview

 

Tags: , , , , , , , , , , , , , , ,

Kommentar hinzufügen