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Die Brennereien Guadeloupes – ein Reisebericht

17 Apr

Kilometerlange Sandstrände, Palmen, tropische Temperaturen und türkisblaues Meer – was will das Urlauberherz mehr? Guadeloupe gehört sicher zu den schönsten Reisezielen überhaupt und gilt zu Recht als kleines Paradies. Als Teil der Französischen Antillen, im Südosten der Karibik gelegen, ist Guadeloupe ein Überseedépartement Frankreichs und ist dadurch zu 100 % in die Europäische Union integriert. Für Urlauber entfallen dadurch das lästige Geldwechseln und die langwierigen Passkontrollen am Flughafen.

Neben den eigentlichen Postkartenmotiven hat das Archipel aus acht bewohnten und weiteren unbewohnten Inseln aber noch viel mehr zu bieten. Guadeloupe zählt zu den landschaftlich abwechslungsreichsten und am dichtesten besiedelten Regionen der kleinen Antillen. Die ungewöhnliche Form der beiden Hauptinseln, Grand-Terre im Osten und Basse-Terre im Westen, haben Guadeloupe den Beinamen Schmetterlingsinsel eingebracht. Selbst zur Hauptreisezeit zwischen November und März ist Guadeloupe nicht überlaufen und noch sehr ursprünglich. Große Hotelanlagen sind rar gesät. Dafür gibt es umso mehr Privatunterkünfte und kleine Pensionen, deren Besitzer mit Gastfreundschaft und dem typischen Savoir-vivre karibisches Lebensgefühl vermitteln.

Basse-Terre ist vulkanischen Ursprungs, feucht, bergig und mit dichter Regenwaldvegetation überzogen. Der aktive Vulkan La Soufrière ist mit 1467 Metern außerdem der höchste Berg der Kleinen Antillen und in jedem Fall eine Reise wert. Der Nationalpark beherbergt zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und die vielen Wasserfälle sind hervorragende Fotomotive und laden mit ihrem kristallklaren Wasser zum Baden ein.

Grand-Terre hingegen ist deutlich flachen und trockener. Die wunderschönen Sandstrände sind durch vorgelagerte Korallenriffe geschützt und die beeindruckenden Steilküsten im Norden sind ein beliebtes Ausflugsziel.

Weitere bewohnte Inseln sind La Désirade im Osten und Les Saintes und Marie-Galante im Süden, die ihrerseits mit feinsten Sandstränden, idyllischen Badebuchten und hervorragenden Fischrestaurants zu überzeugen wissen.

Guadeloupe hat eine faszinierende Vielfalt an Bevölkerungsgruppen, die sich vornehmlich in ihrer Herkunft und Religionszugehörigkeit unterscheiden. Eines haben aber alle Gemeinsam: die Liebe zum Rum oder Rhum, wie er auf den französischen Antillen genannt wird. So verwundert es nicht, dass Guadeloupe über insgesamt neun Ruhm-Destillerien verfügt, die über die gesamte Schmetterlingsinsel und das vorgelagerte Eiland Marie-Galante verteilt sind. Alle Brennereien können besichtigt werden und bieten dem Besucher einen tiefen Einblick in die Herstellung. Bei der anschließenden Verkostung gibt es neben Rhum Agricole immer noch selbst gemachte Liköre und Fruchtpunsch. Doch Vorsicht, die Ruhms haben es in sich.

Das besondere an den Ruhms der französischen Antillen ist die Verwendung von frisch gepresstem Zuckerrohrsaft und nicht, wie sonst üblich, von Melasse. Das als Rhum Agricole bezeichnete Destillat hat ein intensiv-fruchtiges, leicht erdiges Aroma und einen vollmundigen Geschmack von frisch geerntetem Zuckerrohr und gemähtem Gras. Ganz typisch ist außerdem die hohe Trinkstärke von bis zu 59 % Vol. Alkohol.

Wenn es um Guadeloupe und Rhum Agricole geht, darf natürlich das Nationalgetränk, der Ti‘ Punch, nicht fehlen. Der Ti‘ Punch (französisch für Petite Punch) ist praktisch bei jedem Essen dabei und die Einfachheit seiner Herstellung in Kombination mit dem frischen, vollmundigen Geschmack machen diesen Cocktail zum perfekten Aperitif. Für Ungeübte ist der Ti‘ Punch allerdings gefährlich, besteht er doch nur aus ungelagertem, 50-prozentigem  Rhum Agricole, ein wenig Zucker und einem Limettenviertel. Genaue Mengenangaben sucht man dabei vergebens. Typischerweise bekommt der Gast eine Flasche Rhum Agricole seiner Wahl, nebst Limettenvierteln und Rohrzucker an den Tisch gebracht. Ganz individuell kann er dann seinen ganz eigenen Ti‘ Punch kreieren. Je nach Vorliebe können auch Zuckersirup oder Honig Verwendung finden. Bemerkenswert ist außerdem, dass auf Guadeloupe, im Gegensatz zu beispielsweise Martinique, kein Eis in den Ti‘ Punch gegeben wird.

Wenn Sie die Brennereien auf Guadeloupe besichtigen möchten, sollten Sie vorher unbedingt die jeweiligen Besucherzeiten in Erfahrung bringen. Viele Destillerien haben nur an bestimmten Tagen und Uhrzeiten geöffnet. Im Folgenden möchten wir von drinkology.de kurz alle Brennereien und einige ausgewählte Produkte vorstellen.

Distillerie Damoiseau

Auf Basse-Terre ist mittlerweile nur noch eine Brennerei in Betrieb. Nur wenige Kilometer von der Hafenstadt Moule entfernt liegt die „Distillerie Damoiseau“ zwischen weitläufigen Zuckerrohrfeldern. Dort werden ca. 1,5 Millionen Liter Rhum pro Jahr hergestellt. Mit 50 % ist Damoiseau unangefochtener Marktführer auf Guadeloupe. Nach Frankreich werden nur ungefähr 200.000 Liter exportiert. Gegründet wurde sie bereits Ende des 19. Jahrhunderts von Herrn Rimbaud, der ursprünglich aus Martinique stammte. Roger Damoiseau kaufte die Brennerei schließlich im Jahr 1942. Seitdem ist sie in Familienbesitz. Auf der Homepage kann übrigens auch eine virtuelle Tour durch die Destillationsanlagen, Gärbottiche und Zuckerrohrpressen gemacht werden.

Die Fermentationszeit bei Damoiseau liegt zwischen 24 und 3 Stunden. Gebrannt wird in zwei großen Column Stills, das fertige Destillat hat eine Stärke von 80-88 % Vol. Alkohol. Die Lagerung erfolgt in ehemaligen Bourbonfässern aus amerikanischer Weißeiche mit einem Volumen von 180 Litern. Durch das tropische Klima wird die Reifung deutlich beschleunigt und intensiviert, wodurch bereits junge Rhums eine erstaunliche Qualität besitzen.

Damoiseau Rhum Vieux 3 Jahre, 0,7 L, 42 % Vol.

Besonders beliebt sind die gelagerten Rhums von Damoiseau. Angefangen beim für drei Jahre in ehemaligen Bourbonfässern gelagerten Damoiseau Rhum Vieux 3 Jahre, der eine wunderbare Kombination aus süßem Zuckerrohrsaft, frisch gemähtem Gras und würzigen Eichenholznoten aufweist. Im Ti‘ Punch kann er dadurch zusätzliche Geschmacks- und Aromanuancen einbringen, ohne den klassischen Charakter des Cocktails zu verändern. Für ungeübte Gaumen ist zudem die durch die Lagerung abgeschwächte Alkoholstärke förderlich.

Damoiseau Rhum XO, 0,7 L, 42 % Vol.

Der Damoiseau Rhum XO ist ein für sechs Jahre in Bourbonfässern gelagerter Rhum, der durch seine reiche, fruchtige Aromatik und den vollmundigen Geschmack überzeugt. In der Nase zeigen sich Noten von Bitterschokolade, Vanille und Sahnetoffees. Dazu kommen Nuancen von Stroh und Eichenholz, unterstützt von einer filigranen Rauchnote.

Im Geschmack ist der Damoiseau Rhum XO nicht mit seinen süßen Brüdern aus Melasse vergleichbar. Intensive Noten von Orangenschalen, Bitterschokolade mit hohem Kakaoanteil, Tabak, Leder und verschiedene Gewürze wie Zimt und Muskat sorgen für ungeheure Komplexität und Raffinesse. Ein Rum zum Genießen und Entdecken.

Für Freunde der Fassstärke seien noch die beiden exklusiven Jahrgangsabfüllungen Damoiseau Rhum Vieux 1989 und Damoiseau Rhum Vieux Vintage 1991 ans Herz gelegt.

Der Damoiseau Rhum Vieux 1989  lagerte für 13 Jahre in französischen Eichenfässern. Bis zu seiner Abfüllung im Jahr 2006 lagerte er zusätzlich noch in sehr großen Eichenholzfässern, um den Geschmack abzurunden und den intensiven Holzkontakt zu begrenzen.
In der Nase zeigt der Damoiseau Rhum Vieux 1989 Noten von Trockenfrüchten, Bitterschokolade und Heu. Dazu zarte Röstaromen, Nüsse und leichter Rauch. Das für Rhum Agricole stolze Alter in Verbindung mit dem tropischen Klima macht den Damoiseau Rhum Vieux 1989 zu einem einzigartigen Erlebnis. Gerade im Vergleich zu alten Melasse-Rums ist dieser deutlich komplexer und raffinierter, kurz: rundum gelungen.

Der Damoiseau Rhum Vieux Vintage 1991 ist in seiner Charakteristik sehr ähnlich, zeigt aber vor allem im Geschmack eine deutlich gesteigerte Würzigkeit, mit Noten von Ingwer, schwarzem Pfeffer und Zimt.

Moule bietet sich aber nicht nur wegen der Brennerei Damoiseau an. Von dort aus lassen sich sämtliche Sehenswürdigkeiten der rechten Inselhälfte Basse-Terre bequem mit dem Auto erreichen. Seien es der Badeort Saint-Anne im Süden, der Point des Châteaux – dem östlichsten Punkt Guadeloupes – oder den Mangroven und der Steilküste im Norden.

Die Überfahrt zur 158 km² großen Insel Marie-Galante sollte in jedem Fall eingeplant werden. Christopher Columbus entdeckte am 3. November 1493 die Insel und taufte sie in Anlehnung an eines seiner Schiffe Santa Maria La Galanta. Eine kleinere Hügelkette unterteilt Marie-Galante in zwei Teile. Landschaftlich ist die Insel von riesigen Zuckerrohrfeldern geprägt. Nahezu jede Fläche ist mit der hochwachsenden Pflanze bedeckt. Dementsprechend zahlreich waren in früheren Jahren auch die Rhum-Brennereien. Übrig geblieben sind heute nur noch drei. Charakteristisch für die Rhums von Marie-Galante ist die Alkoholstärke von 59 % Vol. der ungelagerten Qualitäten.

Ganz im Osten der Insel, zwischen Grand-Bourg und Saint-Louis, liegt die Distillerie Poisson. Dort wird der „Rhum du Père Labat“ hergestellt, der an den gleichnamigen Missionar erinnern soll, welcher im 18. Jahrhundert das Inselarchipel besuchte.

Die bereits 1821 gegründete Distillerie Bellevue gehört seit 1942 der Familie Damoiseau. Auf einer kleinen Anhöhe errichtet, hat man eine fantastische Aussicht über die gesamte Insel. Eine große Mühle, mit der früher das Zuckerrohr gepresst wurde, erstrahlt seit ihrer Restauration in vollem Glanz.

Die bekannteste Brennerei auf Marie-Galante ist aber mit Sicherheit die „Distillerie Bielle„. Pro Jahr werden dort ca. 330.000 Liter Rhum mit einem Alkoholgehalt von 59 % Vol. hergestellt. Gegründet wurde die Brennerei 1868. Noch heute werden historische Gerätschaften wie Dampfkessel und Zuckerrohrpressen im Hinterhof der Destillerie ausgestellt. Ein kleiner Shop und die gut ausgestattet Bar laden zum Verweilen und Probieren ein.

Bille Rhum Blanc – 1L, 50 % Vol.

Der Bielle Rhum Blanc ist das Aushängeschild der Brennerei. Das türkisblaue Etikett ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und untrennbar mit dem Ti‘ Punch verbunden. Im Jahr 2011 wurde der Bielle Rhum Blanc in Paris sogar mit der goldenen Landwirtschaftsmedaille ausgezeichnet.

In der Nase zeigen sich herrlich fruchtige Noten von Äpfeln und Birnen, dazu Zuckerrohrsaft und gemähtes Gras. Im Hintergrund sind erdige Aromen auszumachen.
Im Geschmack ist der Bielle Rhum Blanc ausgesprochen kräftig und intensiv. Frischer Zuckerrohrsaft, Heu und maritime Noten sind präsent. Dazu die vom Nosing bekannte Erdigkeit, die an Enzian erinnert.
Der Bielle Rhum Blanc wird sowohl mit 59, al auch mit 50 % Vol. abgefüllt. Während der 50-prozentige Rhum auch noch pur genossen werden kann, ist sein großer Bruder unverdünnt kaum noch zugänglich. Im Ti‘ Punch machen beide eine hervorragende Figur, wenn Ti‘ Punch, dann mit Bielle.

Bielle Rhum Vieux 2006 – 0,5L 42 % Vol.

Der Bielle Rhum Vieux 2006 ist eine exklusive Jahrgangsabfüllung der beliebten Brennerei. Aus frisch gepresstem Zuckerrohrsaft destilliert und anschließend für viele Jahre in ehemaligen Bourbonfässern gelagert, zeigt er intensive Noten von Trockenfrüchten, Zuckerrohr, Heu und würziger Eiche. Durch die Fasslagerung wird dieser Rhum um erstaunlich fruchtige Noten erweitert und gewinnt dadurch zusätzliche Komplexität.

Bielle Liqueur, 0,5 L, 40 % Vol.

Der Bielle Liqueur ist ein aus bestem Rhum Agricole, Rohrzucker, Kräutern und Gewürzen hergestellter Likör, der sich nicht nur auf Marie-Galante großer Beliebtheit erfreut. Als Aperitif genossen zeigt er Noten von Ingwer, Ginseng und Zitrusschale. Untermalt wird er durch den fruchtigen Rhum Agricole. Die zugegebene Baumrinde Bois Bandé soll anregende Wirkung haben und gilt in der Karibik als Aphrodisiakum.

Wir hoffen, dass wir Sie mit diesem Bericht in ein wenig Urlaubsstimmung versetzen konnten. Im nächsten Teil stellen wir Ihnen die Brennereien der westlichen Inselhälfte Basse-Terre vor. Bis dahin können Sie die Wartezeit ja mit einem fruchtig-herben Ti‘ Punch überbrücken. À voitre sainté!

 

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