RSS
 

Neue wissenschaftliche Fakten aus der Welt der Getränke

07 Jun

Whisky

Liebe Drinkology-Leser,

gerne möchten wir Ihnen an dieser Stelle einige neue Studien aus der Welt der alkoholischen Getränke vorstellen:

Saccharomyces eubayanus [1]

Endlich ist die Sonne wieder da! Höchste Zeit also mal wieder an die frische Luft zu gehen und die Seele baumeln zu lassen. Zu einem ordentlichen Spaziergang im Sommer gehört ohne Frage auch der Besuch eines Biergartens und der Genuss eines schönen Bieres. Gerade hier in Bayern genießt man dann gerne ein Helles, wobei es sich, wie auch beim Pils, um ein untergäriges, gelb-goldenes Bier handelt. Nun ist zwar bekannt, dass die Bayern sich schon seit gut 1000 Jahren auf das Bierbrauen verstehen, wussten sie aber, dass man eigentlich nie genau wusste, woher die verwendete Hefeart stammt? Dieser Frage sind internationale Wissenschaftler nun auf den Grund gegangen:

Die zum Brauen von untergärigem Bier verwendete Hefe heißt Saccharomyces pastorianus. Dabei handelt es sich um eine Mischung der bekannten Bierhefe Saccharomyces cerevisiae, die für die Herstellung von Wein, Sauerteig und dunklem Bier verwendet wird, und einer bisher unbekannten Art. Es wurde vermutet, dass die unbekannte Art dafür verantwortlich ist, dass sich Saccharomyces pastorianus auch bei kühlen Temperaturen wohlfühlt, was bei Hefen normalerweise nicht der Fall ist. Die Wissenschaftler begannen also damit, dass Genom aller in Europa bekannten Hefearten zu sequenzieren und mit dem unbekannten Teil des Genoms von Saccharomyces pastorianus zu vergleichen. Als ihre Bemühungen erfolglos blieb, weiteten sie ihre Suche schließlich auf den gesamten Globus aus. Fündig wurden die Wissenschaftler schließlich in den kühlen südlichen Buchenwäldern Patagoniens, wo sie eine bisher unbekannte Hefeart entdeckten, deren Genom zu 99,5 % identisch mit dem gesuchten Teil von Saccharomyces pastorianus ist. Die neue Art wurde auf den Namen Saccharomyces eubayanus getauft und wir Bayern verstehen jetzt endlich, warum in unseren kühlen Bierkellen so gutes Bier entstehen kann!

Wie der Wein nach Frankreich kam [2]

Was den deutschen das Bier, das ist den Franzosen der Wein! Obwohl heutzutage viele der besten Weine der Welt aus Frankreich kommen, haben die Franzosen den Weinbau nicht erfunden. Wann genau die Franzosen mit der Herstellung von Wein begonnen haben, hat nun ein US-Forscherteam untersucht. Aus früheren Untersuchungen weiß man, dass die Ursprünge der Weinbereitung im Nahen Osten liegen. Dort begannen die Menschen bereits vor 9.000-10.000 Jahren damit Weintrauben zu pressen und den Saft zu vergären. Es sollte jedoch noch viele Jahrtausende dauern, genauer gesagt bis ca. 800 v. Chr., bis sich die Weinkultur nach Westen ausbreitete. Die Etrusker aus Mittelitalien waren wohl das erste nicht-orientalische Volk, welches Wein produzierte. Die Etrusker füllten den Wein damals in die bekannten Amphoren ab, die wohl jeder schon einmal im Museum gesehen hat. Diese alten Amphoren machten sich auch die amerikanischen Wissenschaftler zu Nutze, als sie nach den Spuren des französischen Weines suchten. Auf zahlreichen alten Schiffwracks, die offensichtlich von Italien auf den Weg nach Frankreich waren, fanden sich solche Amphoren, was darauf schließen lässt, dass die Etrusker ihren Wein nach Frankreich importierten. Als den Forscher schließlich drei gut erhaltenen Amphoren und eine steinerne Presse, allesamt aus einer französischen Hafenstadt, in die Hände fielen, untersuchten sie diese auf Rückstände. Tatsächlich ließen sich auf den Amphoren einzelne Moleküle nachweisen, die auf Kiefernharz, Rosmarin, Thymian und Basilikum hinwiesen. All diese Stoffe wurden früher zu Konservierung und Aromatisierung von Wein verwendet und stammen aus dem italienischen Raum. Da die Amphoren selbst auf den Zeitraum um ca. 500 v. Chr. datiert werden konnten, war hiermit der Weinimport von Italien nach Frankreich zu dieser Zeit nachgewiesen. Die gefundene steinerne Presse war ca. 100 Jahre jünger und wies Spuren von Weinsäure und Tartraten auf und um die Fundstelle der Presse fanden sich außerdem noch Weinkerne und Weinstiele. Dadurch war klar, dass sie als Weinpresse diente und die Franzosen bereits kurze Zeit nach den Import von Weinen damit begannen, ihre eigenen Trauben zu verarbeiten.

Der chemische Fingerabdruck des Weins [3]

Dass der Geschmack von Wein eine ziemlich komplexe Angelegenheit ist, wird ihnen jeder Connaisseur oder Sommelier bestätigen. Da die unterschiedlichen Aromen und jegliche anderen Inhaltsstoffe als Moleküle in dem Wein rumschwimmen, ist dieser auch chemisch gesehen eine sehr komplexe Angelegenheit. Dies führte dazu, dass Wissenschaftler oft nur gezielt nach therapeutisch wirksamen Inhaltstoffen oder geschmackstragenden Verbindungen gesucht haben. Die Gänze des komplizierten Systems der Inhaltsstoffe blieb unbeachtet. Französische Wissenschaftler um Régis Gougeon versuchen dies nun zu ändern und gründeten den Ansatz der „Önolomik“. Önolomik ist an Metabolomik angelegt, die sich mit allen an dem Stoffwechsel von Lebewesen beteiligten Verbindungen und Substanzen beschäftigt. In der Önolomik werden mittels Massenspektroskopie wahllos alle Verbindungen eines Weines aufgezeichnet und diese Datenflut anschließend für konkrete Aussagen statistisch ausgewertet. Bei ersten Experimenten wurden verschiedenen Weine untersucht, die gezielt in unterschiedlichen Fasssorten gelagert wurden. Dabei konnte neben den typischen Signaturen der Rebsorten auch die Herkunft des Eichenholzes der einzelnen Fasstypen genau bestimmt werden. Es wurde ebenfalls deutlich, dass die Zusammensetzung eines Weines von zahlreichen Komponenten, wie etwa der Weinbereitung, Lagerung und der Umwelt, geprägt wird und Wein daher, wie ein Lebewesen, als Gesamtsystem betrachtet werden sollte.

Sie sehen also in der Welt der Getränke wird weiterhin fleißig geforscht und selbst bei alten Lebensmitteln wie Wein, Bier oder Spirituosen ist noch längst nicht alles erforscht. Neben geschichtlich interessanten Fakten hat dies für Sie als Konsument auch den Vorteil, dass die Produkte immer sicherer werden und Betrügern (z.B. bei falsch deklarierter Fasslagerung) schneller das Handwerk gelegt werden kann. Falls bei Ihnen, wie im Moment in Bayern, jedoch auch so herrlich die Sonne scheint, dann würden wir Ihnen empfehlen diesen Tag mit einem kühlen Hellen oder einem schönen Wein ausklingeln zu lassen und kurz den dafür verantwortlichen Hefen und Wissenschaftlern zu danken.

Cheers!

Ihr Drinkology-Team

 

[1] Libkind (Institute of Biodiversity and Environment Research CONICET) et al.: http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/drucken/www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1105430108

[2] Patrick McGovern (University of Pennsylvania) et al.: Beginning of viniculture in France ; http://www.pnas.org/content/early/2013/05/30/1216126110

[3] Régis Gougeon (Universität von Burgund, Dijon) et al.: http://www.pnas.org/

 

Tags: , , , , , , , , , , , , ,

Kommentar hinzufügen